PSD2: Beim Blick aufs Konto verzeiht der Kunde keinen Fehler

Im Interview informiert Philip Opitz, bei CRIF verantwortlich für Projekte und Kooperationen mit Energieversorgungsunternehmen, über seine Erfahrungen zu neuen Einsatzmöglichkeiten am Markt dank der PSD2-Richtlinie.

Durch den täglichen Kontakt mit Energieversorgern entwickelt CRIF immer wieder neue Ideen zur Verbesserung der Customer Journey, zu Optimierungen im Forderungsmanagement, zur Erhöhung der Vertriebsumsätze und für vieles mehr. Im Interview informiert Philip Opitz, bei CRIF verantwortlich für Projekte und Kooperationen mit Energieversorgungsunternehmen, über seine Erfahrungen zu neuen Einsatzmöglichkeiten am Markt dank der PSD2-Richtlinie.

Holen Sie für uns bitte noch einmal aus: Was ist unter PSD2 zu verstehen?

Philip Opitz: Seit 2019 ist die zweite Zahlungsdiensterichtlinie, besser bekannt als Payment Service Directive 2 (PSD2), in deutsches Recht umgesetzt. In eigenen Worten formuliert, ermöglicht die PSD2 es jeder Person, oder jedem Unternehmen, mit einem Online-Banking Zugang, Kontoinformationen aktiv zur Verfügung zu stellen. Dabei definiert die Regulatorik, wie Kontoinformationen (über einen sog. Account Information Service Provider, kurz AISP) geteilt werden dürfen und regelt klar, dass der Kontoinhaber nur durch aktive Einwilligung diese Kontoinformationen teilen kann.

Solche PSD2-Anwendungsmöglichkeiten sind schon längst in verschiedenen Branchen umgesetzt. Im Bankenwesen können Kund*innen via Log-in ins Online-Banking aktiv Bonitätsinformationen teilen, um Kreditanträge zu vereinfachen. Versicherungen arbeiten mittlerweile häufig mit Vertrags-Checks. Was Kund*innen für Ihren Vertrag zahlen, welche Verträge sie abgeschlossen haben und welche Optimierungs- oder Sparpotenziale sich bei ihnen verbergen, lässt sich einfach mithilfe der Kontoinformationen beantworten.

Denken Sie sonst noch an Ihre Personal-Finance-Management-Apps auf dem Handy, Mieter-Zertifikate, Leasingverträge und viele andere Branchen, in denen die PSD2 schon angekommen ist. Wichtig hierbei ist immer: Wir müssen den Kund*innen einen echten Mehrwert anbieten, zum Beispiel eine schnelle Kreditentscheidung, Sparpotenziale, einen beruhigten Vermieter oder einen neuen Strom- oder Gastvertrag. 

Aus Kund*innensicht geht es also darum, ein Vertragsangebot zu bekommen, wenn es ohne einen Blick ins Konto eine Ablehnung gegeben hätte. Wie wird denn bisher mit abgelehnten Kund*innen umgegangen?

Opitz: Diese Frage haben wir uns neulich in einem Kundenprojekt gestellt, da wir die klassische Risikobewertung im Antragswesen bereits mit Regeln, Scores und weiteren Mitteln optimiert hatten. Im Dialog haben wir ohne große Verwunderung festgestellt, dass jeden Tag potenzielle Privatkund*innen abgelehnt werden, deren Bonität für einen Vertragsschluss nicht ausreicht. Diese ermittelte Bonität basiert allerdings zu großen Teilen auf historischen Informationen, wie etwa den Zahlungserfahrungen. Doch wie schließen wir die Lücke zwischen historischen Informationen und dem Zeitpunkt der Antragsstellung? Genau hier lässt sich die folgende Hypothese ableiten:

Viele Kund*innen die auf der Antragsstrecke eine negative Bonität vorweisen, haben am Tag ihres Antrags eigentlich eine positive, finanzielle Situation vorzuweisen. Liegen solche Informationen fälschungssicher und in Echtzeit vor, können weitaus mehr Kund*innen angenommen werden. Ein Nutzen für den Vertrieb, das Risikomanagement und vor allem die Kund*innen.

Und da setzt PSD2 an?

Opitz: Die Erfahrung zeigt, dass viele Verbraucher*innen mit einer schlechten, oder nicht bewertbaren, Bonität abgelehnt werden. Das ist für die Antragssteller*innen ein großes Problem, da Strom und Gas ein natürliches Bedürfnis (abgesehen von der Grundversorgung) darstellen. Ebenfalls wird sich der Vertrieb ärgern, wenn Abschlüsse durch eine historische und nicht mehr aktuelle Bonität verhindert werden. Warum denken wir also nicht einen Schritt weiter?

Durch PSD2 kann Kund*innen eine Alternative zu einer standardisierten Ablehnung angeboten werden. So haben Anbieter mehr Gewissheit bei der Entscheidungsfindung und ihre Kund*innen bekommen eine faire Möglichkeit, doch einen neuen Vertrag abzuschließen.

Nutzen Kund*innen dieses Angebot denn? Sind die Daten nicht viel zu sensibel?

Opitz: Diese Frage ist essentiell und wir müssen sie situativ betrachten. Es lässt sich annehmen, dass Kund*innen den Schritt der Bereitstellung von Kontoinformationen gehen, wenn sie sich in der Regel sicher sind, dass keine negativen Daten auf dem Konto vorliegen. Der Kunde kennt sein Konto doch am besten! Ebenfalls besteht ein signifikanter Bedarf – schließlich möchte der Kunde etwas von dem Anbieter: einen neuen Vertrag. Die Motivation lässt sich somit ähnlich hoch ansiedeln, wie beispielsweise bei einem Kreditantrag. Zusätzlich ist es wichtig, dass die Kund*innen bestmöglich abgeholt werden. Es geht nicht um das Sammeln von Daten, sondern um die situationsbedingte Freigabe von Kontoinformationen für eine Vertragsentscheidung.

Was sind für Anbieter die Grundvoraussetzungen für den Blick auf das Konto?

Opitz: Der Kunde verzeiht keine Fehler! Das gilt für das Geschäft im E-Commerce, genauso wie für digitale Antragsstrecken von Verträgen. Darum gibt es zwei wichtige Faktoren, um einen mehrwertreichen Service anzubieten:

  • Connectivity

Es ist notwendig, dass jeder Kunde sein Konto via Log-in ins Online-Banking verbinden kann. Abbrüche, fehlerhafte Log-In Masken oder nicht erreichbare Banken sind ein No-Go. Eine 100-prozentige Anbindung muss gewährleistet werden!

  • Erkennung der Daten

Liegen die Daten durch den Konto-Log-in vor, müssen sie qualitativ hochwertig analysiert und den Anbietern aufbereitet zur Verfügung gestellt werden. Beispielsweise müssen regelmäßige Einkünfte und Ausgaben richtig erkannt werden. Ebenfalls gibt es bei etwaigen Risikomerkmalen wie Inkasso, Pfändung oder übermäßiges Glücksspiel keinen Spielraum für Fehler.

Was können Anbieter aus Ihrem Use Case lernen?

Opitz: Es gibt sicherlich bei vielen Anbietern Kund*innen, die einen Vertrag abschließen möchten, aber über eine schlechte Bonität verfügen. Sie möchte ich motivieren darüber nachzudenken, was sie mit diesen Kund*innen machen: Werden diese Kund*innen für gewöhnlich abgelehnt? Wie wirkt sich die Ablehnung auf Neukundenabschlüsse aus und welcher Konkurrent nimmt diese Kund*innen vielleicht an? Würden Echtzeit-Informationen über potenzielle Kund*innen einen Mehrwert für den Vertrieb und das Risikomanagement darstellen?

Insbesondere in den aktuellen Marktzeiten haben wir mit dem Blick auf das Konto eine alternative Echtzeit-Bonitätsbewertung identifiziert, die:

  1. ergänzend zur eigentlichen Bonität Neuabschlüsse ermöglicht,
  2. Kunden eine einfache Lösung zum Vertragsabschluss ermöglicht,
  3. Daten fälschungssicher und vollständig digital übermittelt,
  4. weitere Informationen für die Risikoermittlung übergibt
  5. und bereits in vielen Branchen täglich genutzt wird.

Ich freue mich in dieser Hinsicht aber über kritisches Feedback aus der Branche. Gerne spreche ich gemeinsam mit Anbietern genau zu solchen Themen und bin jederzeit offen für ein zwangloses Kennenlernen!

Philip Opitz
Senior Key Account Manager Utilities

Mobil: +49 172 1862801
E-Mail: p.opitz@crif.com