Corona hat das Retourenverhalten verändert – wird das so bleiben?

Die Corona-Pandemie hat dem Online-Handel in vielen Warensegmenten einen großen Boom beschert. Allein im vierten Quartal 2020 soll der E-Commerce-Umsatz gegenüber dem Vorjahr um zehn Prozent gestiegen sein. Viele Händler erwarteten mit dem erhöhten Online-Konsum eine entsprechend höhere Retourenquote. Doch Studien zeigen, dass mehr Bestellungen in der Corona-Zeit nicht automatisch mehr Rücksendungen bedeuten. Das ist eine positive Nachricht für Online-Händler. Doch wird dieser Trend auch nach der Krise anhalten?

Der E-Commerce wächst weltweit kontinuierlich, da immer mehr Menschen die Vorzüge einer Online-Bestellung schätzen lernen. Es gibt mittlerweile fast kein Produkt mehr, das nicht auch online verkauft wird. Damit das eigene Online-Geschäft rentabel bleibt, haben Online-Händler vor allem ein Blick auf die Retouren. Diese können den ROI deutlich verschlechtern, denn neben dem Porto für die Rücksendung müssen Händler die zurückgesendete Ware sichten, ggf. reinigen und wieder neu kommissionieren. Gerade im Modebereich kann eine Retoure durchschnittlich bis zu 20 Euro kosten, eine Summe, die den Gewinn deutlich schmälert. Umso wichtiger ist es deshalb, dass Online-Händler ihr Retourenmanagement nachhaltig optimieren, um zum einen die Gesamtkosten für Rücksendungen zu senken und zum anderen dafür zu sorgen, dass durch eine intelligente Gestaltung von Produkten und Informationen erst gar keine Retouren entstehen. Denn hinzukommt, dass der Wettbewerbsdruck im Netz z.T. sehr hoch ist und Kunden mittlerweile erwarten, dass Retouren kostenlos angeboten werden. Online-Händler, die das Zurücksenden der Ware berechnen, sind in der Regel im Nachteil im Wettbewerb.

Trotz steigenden Absatzzahlen hat gerade die Corona-Krise gezeigt, dass Retouren nicht analog zur Anzahl der verkauften Produkte steigen müssen. Grund genug, sich das Phänomen genauer anzuschauen und einen Ausblick zu wagen.

Der Status Quo vor Corona: Mehr als die Hälfte aller online bestellten Pakete wird in Deutschland zurückgeschickt

Laut einer Erhebung des Statistik-Anbieters statista haben im Jahr 2019 mehr als 50 Prozent der im „Statist Global Consumer Survey“ Befragten mindestens einmal online bestellte Ware zurückgeschickt. In Zahlen bedeutet das, dass knapp 300 Millionen Pakete jedes Jahr als Retoure an die Händler zurückgehen. Für Händler entstehen dadurch pro Jahr Milliardenkosten. Auch der CO2-Ausstoß ist beachtlich und liegt geschätzt allein für Retouren bei über 200.000 Tonnen jährlich.

Zu den am häufigsten retournierten Produkten gehörten Bekleidung und Schuhe. Sie machten laut Umfrage fest ein Drittel aller Retouren 2019 in Deutschland aus. Nur einen geringen Anteil an Rücksendungen hatten Kosmetik mit drei sowie Haushaltsgeräte und Unterhaltungselektronik mit je fünf Prozent.

In einer nicht-repräsentativen Studie des Händlerbunds aus dem Jahr 2020 haben 36 Prozent der befragten Online-Händler angegeben, dass sie „viele“ bzw. „sehr viele“ Retouren haben. Das war 16 Prozent mehr als in der vorangegangenen Studie des Händlerbunds. Als Basis für viele Retouren wurde dabei eine Retourenquote von über fünf Prozent angesetzt.

Die häufigsten Gründe für Retouren                           

Die Gründe für Retouren sind vor allem von den bestellten Produkten abhängig. Das das Hamburger Marktforschungsinstitut „Splendid Research“ in einer Studie 2019 herausgefunden.

Wichtigste Gründe für Retouren sind demnach:

  • Nicht passende Bekleidung
  • Mehrfachbestellung in verschiedenen Größen und Farben bei Bekleidung
  • schlecht verarbeitete Produkte
  • defekte Produkte
  • falsche/irreführende oder missverständliche Produktbeschreibungen

Verändertes Retourenverhalten in der Corona-Pandemie

Die meisten E-Commerce-Händler haben erwartet, dass das erhöhte Bestellaufkommen in der Corona-Zeit auch zu höheren Retouren führen würde. Doch verschiedene Erhebungen haben gezeigt, dass dem nicht so ist.

Eine Forschungsgruppe der Universität Bamberg hat führende Online-Händler im September und Oktober 2020 zum Retourenverhalten ihrer Kunden während der ersten sechs Monate der Pandemie befragt. Die befragten Online-Händler machen laut Urheber der Studie rund 16,6 Prozent des gesamten deutschen Umsatzes im E-Commerce aus.

Zunächst ergab sich, dass die Händler im ersten „Corona-Halbjahr“ rund 17,4 Prozent Umsatz gemacht haben. Gleichzeitig haben aber vor allem Händler in den Bereichen „Fashion“ und „Einrichtung“ signifikant niedrigere Retourenquoten erfahren.

So hat sich die Retourenquote von 17,8 Prozent auf 15,9 Prozent reduziert. Das entspricht einem Rückgang von 10,7 Prozent.

Auf Warengruppen bezogen ergab sich, dass im Vorjahr im gleichen Zeitraum noch über die Hälfte der bestellten Kleidung retourniert wurde. Im Pandemiejahr 2020 waren es „nur“ noch knapp über 40 Prozent. Insgesamt wurden laut Studie 1,92 Prozent weniger Möbel zurückgeschickt.


Die Gründe für eine gesunkene Retourenquote während der Corona-Pandemie sind vielschichtig

Warum in der Corona-Zeit weniger Retouren erfolgen, hat unterschiedliche Ursachen. Den „einen“ Grund gibt es nicht.

Mögliche Erklärungsversuche:

  • In der Pandemie hat verstärkt die Generation Ü60 online eingekauft. Diese Käufergruppe ist grundsätzlich zögerlicher in Bezug auf Retouren.
  • Insgesamt gab es in der Corona-Pandemie weniger Käufe im Bereich Fashion. Entsprechend gab es weniger Mehrfach- oder Falschbestellungen und demnach auch weniger Retouren.
  • Es wurden insgesamt viel mehr Produkte für den täglichen Bedarf bestellt, wie Lebensmittel, Hygieneprodukte oder Reinigungsmittel. Diese Produkte haben traditionell eine sehr niedrige Retourenquote. Im zweiten Quartal 2020 hatten Produkte für den täglichen Bedarf einen Anteil von mehr als 50 Prozent an allen Online-Käufen.
  • Unternehmen haben vor allem in Bezug auf Impulskäufe weniger Werbung geschaltet.
  • Kunden hatten mehr Zeit, sich ausführlich über die Produkte zu informieren, die sie bestellt haben.
  • Die Zeit vom Kauf bis zur Retoure ist deutlich länger geworden. Somit haben viele Kunden die Produkte länger getestet und sich am Ende doch von deren Qualität überzeugt.


Ausblick: Corona zwar eine Ausnahme, zeigt Online-Händlern aber, wo es zu optimieren gilt

Die Corona-Pandemie hat dem Online-Handel gehörig Anschub gegeben. Viele neue Kunden haben den Online-Einkauf kennengelernt. Außerdem hat sich vor allem in der ersten Phase der Pandemie der Fokus auf andere Produkte als bisher gerichtet. Somit gab es viele verschiedene Gründe für eine geringere Retourenquote. Bleibt alles wie bisher, ist nicht mit einem veränderten Retourenverhalten nach der Pandemie zu rechnen. Viele Kundinnen und Kunden werden vermutlich wieder zum gewohnten Handeln zurückkehren und dem Handel wieder höhere Retourenquoten bescheren. Doch gerade die Pandemie hat jetzt Händlern gezeigt, wo es zu optimieren gilt, um teure Retouren zu vermeiden oder zu senken.

5 Wichtige Maßnahmen, um Retouren zu senken

  1. Einsatz von smarten Shoplösungen, die mit KI Kundenbedürfnisse ermitteln

Viele Online-Käuferinnen und -Käufer handeln beim Shopping nach ähnlichen Mustern. So gibt es z.B. „Problem-Kunden“, die manche Produkte besonders häufig zurückschicken. Andere Kunden wiederum sind notorische „Retournierer“. Sie bestellen aus einer Laune heraus, ohne das Produkt wirklich zu wollen.

Mit Hilfe von Predictive Analytics lassen sich mit KI Kunden segmentieren, die in Bezug auf Retouren problematisch sein können. Die KI kann für diese Kunden z.B. das Ranking von Produkten im Shop ändern, um das Bestellverhalten zu beeinflussen. Möglich wäre es außerdem, bei Kunden mit häufigen Retouren andere Bezahlvarianten anzubieten. Wird z.B. der Rechnungskauf ausgeschlossen, werden diese Kunden seltener zuviel oder in sehr vielen verschiedenen Varianten bestellen, weil das Geld zunächst abgebucht wird.

  1. Erhöhen der Contentqualität

Schlechte Produktbeschreibungen, ungünstig fotografierte Produkte oder fehlende Kontaktmöglichkeiten führen häufig dazu, dass Kunden das falsche Produkt bestellen oder das Produkt nicht der Beschreibung bzw. den Bildern entspricht. Online-Händler können Retourenquoten somit schon beim Anlegen der Produkte und der Produktpflege senken.

  1. Plausibilitätsprüfungen vor der Bestellung

Intelligente Systeme können vor der Bestellung prüfen, ob der Kunde das Produkt z.B. schon einmal bestellt hat. Möglich wäre es außerdem, dass das System darauf hinweist, wenn der Kunde z.B. mehrere Größen eines Kleidungsstücks in den Warenkorb legt. Es folgt dann ein Verweis darauf, wie das Kleidungsstück normalerweise ausfällt.

  1. Return in Store

Online-Händler mit stationären Geschäften können ihren Kunden die kostenlose Retoure im Shop anbieten. So lassen sich die Retouren bündeln und für die Händler günstiger gestalten.

  1. Produktqualität überwachen

Eine mangelhafte Produktqualität ist ein häufiger Retourengrund. Online-Händler sollten die Qualität ihrer Ware regelmäßig kontrollieren. Entspricht ein Produkt nicht mehr den Anforderungen, sollte es aus dem Shop genommen werden.

 

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